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Wenn Tauben sprechen könnten

Am 17. Januar 2017 bekam ich von meiner Frau eine Kurznachricht, dass sich eine Frau gemeldet hat, wegen einer zugeflogenen Taube.

Ich hatte in den letzten Tagen keine Verluste und konnte mir nicht recht vorstellen, dass es ein Tier von mir ist. Ein Rückruf ergab, dass es sich tatsächlich um eine Taube aus meinem Bestand handelt. Doch zuerst musste ich mir erklären lassen, wo genau Matzwil auf der Landkarte liegt (Gemeinde Detligen, neben Frieswil).

Da die Taube noch nicht gefangen werden konnte und der Tag fortgeschritten war, einigte ich mich mit der Anruferin auf den Folgetag und dass sie die Taube nicht mehr füttern soll.

Mit einem kurzen Anruf versicherte ich mich, dass die Taube die kalte Nacht überstanden und immer noch auf dem Fenstersims sitzt. Jetzt Flugkasten (FK) und Dropper einpacken und los. Knapp 50 Kilometer später fand ich eine müde Wammen-Täubin vor. Da das Fenster im Obergeschoss lag und die Taube möglicherweise verletzt sein könnte, entschied ich mich den FK in der Küche aufzustellen!

Schon bei meiner Stimme wurde die Täubin munterer und kaum stand der FK, trippelte sie auf dem Fenstersims hin- und her und pickte gegen das Fenster. Einen Dropper in den FK zu setzen hätte sich vermutlich erübrigt. Kaum wurde das Fenster geöffnet, sprang die Taube auf den FK und konnte behändigt werden. In der Hand war schnell klar, dass die Taube nicht ernsthaft verletzt ist. Im rechten Flügel und im Schwanz fehlten paar Federn, was auf einen Luftangriff schliessen liess. Ansonsten zeigte sich die Taube in einer erstaunlich guten Verfassung!

Sie wurde am 16. Januar entdeckt, konnte frühestens seit dem 14. Januar an diesem Ort sein und hat dann auf Anraten des kontaktierten Tierarztes lediglich etwas Reis erhalten. Die Temperaturen lagen seit Tagen im Minus und die ganze Region ist seit mindestens 2 Wochen schneebedeckt. Überhaupt haben die Lehrerinnen vom Schulhaus Matzwil einen grossen Aufwand betrieben mich ausfindig zu machen. Zum einen haben sie die ganze Ringnummer ablesen können, was etwas heisst, wenn man das Tier nicht in die Hand nehmen kann. Zum andern konnten sie den Telefonring auf eine Stelle nicht lesen und haben dann x Anrufe mit verschiedenen Kombinationen getätigt. Dann endlich der Kontakt zur Vogelwarte Sempach und deren Verweis auf’s Internet mit der Site des Zugeflogenendienstes vom Schweizerischen Brieftaubenzüchter-Verband.

Und, was ist das Besondere an dieser Rückführung?

Am Samstag, 2. Dezember 2016 startete ich aus einer Laune heraus vier Wammentäubinnen ab HS. Sonst fliege ich nur ab FK und zu Hause fliegen die Tauben höchstens aufs Dach. Ich war überzeugt, dass die Tiere nicht gross fliegen werden. Doch da habe ich mich geirrt. Die Tauben zogen sofort hoch und strebten weniger bebautes Gebiet an. Wohl in der Meinung, dass der FK irgendwo zu finden ist. Dropper wurden sofort gestartet und auch die Bakiner mussten raus. Zu spät! Die «Funkverbindung» war unterbrochen. Bald darauf sah ich die Tiere stürzen und wusste, dass ich die Tiere jetzt bei meinem Kollegen welcher Mazedonische Drehtauben fliegt, holen konnte. FK und paar Tadschicken einpacken (die Dropper waren alle auf dem Dach) und los. Der Kollege lachte als ich kam und meinte, dass nur drei gelandet sind und er die vierte aus den Augen verloren habe. Mit dem FK und den Tadschicken dauerte es nicht lange, bis die drei Ausreisserinnen im FK waren. Am Abend kam der Kollege noch vorbei um mir zu sagen, dass die vierte Taube bei ihm nicht aufgetaucht sei.

Und jetzt nach sechseinhalb Wochen ist «Paula» (so wurde sie von den Finderinnen getauft) wohl behalten zurück J. Was könnte sie mir erzählen? Ich glaube nicht, dass die Taube so lange Zeit in dieser Jahreszeit herumgestrichen ist. Dazu ist ihre Verfassung viel zu gut. Ich zweifle auch, dass sie diese Distanz einfach so geflogen ist! Aber wo war sie?

Das wird Paula wohl für sich behalten und ich bin um paar Erfahrungen reicher und weiss jetzt wo Matzwil liegt.

Gut Flug wünscht Christian Wingeier